Das Zeitalter der Schatten

Erstaunt sahen sich die Ignier um, die sich nun, da sie noch tiefer ins Eis abgestiegen waren, noch enger aneinander gekuschelt hatten. Es war wirklich kalt hier, und nur Cecilia schien es nicht zu stören, da ihre vampirische Abstammung eine gewisse Unempfindlichkeit gegenüber Kälte mitgebracht hatte. Die anderen Dämonen dagegen waren die Hitze gewohnt, sie konnten selbst die höchsten Temperaturen in der Wüste aushalten. Nun aber merkten sie, wie sich ihre Glieder schon versteiften und ihre Bewegungen auf ein Minimum reduziert worden waren. Aber was tat man nicht alles für den Frieden? Als sie dann aber die Halle sahen, und den Thron, der an deren Ende stand, waren sie alle ziemlich erleichtert, dass sie zumindest schon einmal das Ziel vor Augen hatten. Es würde aufwärts gehen - sobald Cecilia den Drachen befreit hatte.

Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit, kam die Truppe schließlich vor dem Eisklotz zum Stehen. Sofort fiel Cynbel auf die Knie, als würde er gesehen werden. "Mein Herr, ich präsentiere euch unsere ehrenwerten Gäste, die gekommen sind um Euch zu befreien. Bitte entschuldigt, dass ich die Vorstellung auf später verschieben muss", bat Cynbel und verneigte sich kurz, bevor er wieder aufstand und sich zu Reya und den Rest wandte.
"Darf ich euch bekanntmachen? Vor euch seht ihr Cenris, den Drachen des Eises, Herr von Alsius Clavius und der Meister unserer Gilder - oder was davon übrig ist!", bemerkte Cynbel und zeigte auf den Thron im Eisblock.
Wenn man genau hinschaute, konnte man sogar sehen, dass tatsächlich ein blonder, junger Mann regungslos auf dem Thron saß. Er war völlig im Eis eingeschlossen, was allen wohl deutlich die Macht von Belazel zeigte.

Ein wenig unsicher sahen sich Sheyr und Reya gegenseitig in die Augen, und wussten in diesem Moment nicht, was sie davon halten sollten. Sollten sie lachen, weil Cynbel so vor einem in Eis eingeschlossenen Menschen kniete und auch noch mit ihm redete, obwohl es zweifelhaft war, ob der Mann noch lebte? Oder sollten sie eher doch Furcht zeigen, weil sie erst jetzt merkten, zu was der König von Calum überhaupt fähig war? Dann aber blickten sie beide zu Cecilia, die nach vorne trat, und eine kurze Verneigung vor Cenris machte. "Mein Name ist Cecilia vás Ignis. Ich könnte Euch aus dem Eis befreien, da ich gelernt habe, das Feuer zu beherrschen, so wie es einst die ehrenwerteste Feuergöttin konnte." erklärte sie und blickte fragend zu Cynbel. Ging es nach ihr, würde sie es gleich tun.

Cynbel zeigte Cecilia mit einer Geste, dass sie ruhig fortfahren sollte. "Wenn ihr etwas benötigt, sagt es nur - ihr sollt alles bekommen was ihr braucht, um unseren Gildenmeister zu befreien", erklärte Cynbel und trat einige Schritte zurück, da er trotz allem immer noch eine ungeheure Ehrfurcht vor Feuer hatte. Umso mehr war er nun gespannt, wie Cecilia Feuer erschaffen würde um Cenris zu befreien.
Da ihm die Kälte nicht so viel ausmachte wie den anderen, gab Cynbel den Igniern seinen eigenen Mantel, damit sie sich besser wärmen konnten. Wenn die Ignischen Dämonen hier alle erfrieren würden, wäre niemandem geholfen.

Cecilia grinste nur frech, dann zückte sie zwei Steine, welche sie aus Ignis mitgenommen hatte. Sie wusste, dass viele Menschen, die keine Möglichkeit hatten, anders an Feuer zu kommen, diese Steine benutzten, und sie hatte es auch schon oft genug ausprobiert. Es dauerte zwar eine ganze Weile, bis ein Funke entsprang, doch der Funke würde ihr reichen, um daraus etwas viel größeres zu machen. So begann sie nun, die Steine in einem bestimmten Rhythmus gegeneinander zu klopfen, so lange, bis wirklich der erste Funke sprang - und sie diesen sofort in ihre Hand nahm und durch sanftes Blasen zu einer größeren Flamme werden ließ.

Dagegen hatte Reya dankend den Mantel angenommen, und zu dritt standen sie nun da, mit Cynbels Mantel um sich. Doch als Cecilia den ersten Funken entfachte, begannen ihre Augen zu leuchten.

Kaum dass Cynbel die Flamme sah, nahm er einen Satz und sprang gleich einen Meter zurück. Ebenso schreckten auch ein paar der anderen Gildenmitglieder zurück, die neugierig geworden waren, was diese Vampirin tun würde um ihren Meister zu befreien. Wie für die Eisgilde üblich hatten sie alle furchtbare Angst vor dem Feuer, weshalb sie nun alle verängstigt zu Cecilia schauten.
Hoffentlich würde sie dem Drachen nicht aus Versehen Schaden zufügen oder gleich den ganzen Palast schmelzen.

"WAS ZUM CHAOS DENKT IHR WAS IHR DA TUT MAGIERLEIN????! MEUTEREI!! VERRAT!!! OH wenn das erst einmal Marek und Bloody Rose erfahren...ihr werdet alle gevierteilt und geköpft werden, wenn wir erst mal mit Luzius fertig sind. Eure Kinder werden als Futter für die Greife enden und eure Frauen werden wir ins Meer zu den Wasserechsen werfen.", geiferte Shruik, der in der Mitte seines eigenen Zeltes an den Pfahl festgebunden war. Da Kharim auch sichergehen wollte, dass Shruik dort blieb wo er war, hatte er auch noch mit etwas Magie nachgeholfen.

Kharim rollte nur mit den Augen angesichts dieser Gardinenpredigt. Anstatt Shruik Beachtung zu schenken, bedankte sich Kharim bei den zwei Sonnenelfen, die ihm geholfen hatten Shruik festzubinden. "Ach keine Ursache...eine unserer leichtesten Übungen!", antwortete Damian, der Shruik auf den Tod nicht ausstehen konnte, und dazu musste er ihn nicht mal sehen können.

"Gute Güte, es ist nur Feuer...es wird euch nicht umbringen." murmelte Cecilia, die mittlerweile eine riesige Wand aus Flammen aufgebaut hatte, die sich langsam aber sicher durch das Eis fressen würden. An einigen Stellen konnte man schon sehen, wie sich kleine Wassertropfen bildeten und an der sonst noch meterdicken Eisschicht hinabrannen, wo sie weiter unten auf dem Boden, wo das Feuer nicht hinkam, wieder erstarrten. Doch so zumindest würde Cecilia ein Loch erzeugen können, und sich dann später nach unten vorarbeiten. Sie verfolgte schon eine gewisse Strategie, was die Befreiung des Eisdrachens anging, wobei es ihr eigentlich egal war, wie die Mitglieder der Eisgilde reagieren würden. Hatten sie wirklich noch nie Feuer gesehen? Ein wenig schürzte sie die Lippen bei diesem Gedanken. Aber gut, sie hatte die meiste Zeit ihres Lebens nie das Eis gesehen, erst als sie hierhergereist waren, hatte sie gemerkt, was Kälte eigentlich war - auch wenn es ihr natürlich nichts ausmachte.

Cynbel schmerzte das Herz als er sah, wie das Eis schmolz - aber was sein musste um den Gildenmeister zu befreien musste eben getan werden. Die meisten Gildenmitglieder konnten den Anblick des Feuers nicht ertragen und hatten sich abgewandt. Manche hätten sich schon am liebsten bei Cynbel beschwert, was ihm einfiel so eine Feuerhexe hier hereinzulassen, ohne zu wissen ob es nicht eine Assassinin im Auftrag von Luzius war.

"DAS wird ein übles Nachspiel haben....oh ihr werdet brennen....meine Fähigkeiten mögen vielleicht noch nicht gut genug sein, doch Bloody Rose wird euch dazu bringen euch gegenseitig umzubringen bevor sie euch bei lebendigem Leib häuten wird!!!!!", drohte Shruik und spukte nach Kharim. "Oh ich kann es nicht mehr hören...", fluchte Lyris und stopft Shruik ein staubiges Tuch in den Mund. "Gleich viel besser ~~~ danke Lyris", bedankte sich Kharim, bevor er mit den beiden Sonnenelfen vor das Zelt ging um den anderen dabei zu helfen die Ruinen möglichst so umzugestalten, dass die Verletzten am besten untergebracht wurden und das Lager einigermaßen zu verteidigen war. Da die beiden Sonnenelfen hier früher gewohnt hatten kannten sie sich am besten aus und konnten mit ihrer Ortskenntnis behilflich sein.

"Ich finde sie komisch..." begann Sheyr auf dämonisch leise an seine Schwester gewandt. "Siehst du den Zweifel in ihren Gesichtern? Sie trauen uns nicht...nicht alle, zumindest. Sie halten uns für Schergen des Königs...."
"Nun hör schon auf. Willst du der ganzen Welt misstrauen, Sheyr?" fragte Reya und verdrehte ein wenig die Augen als sie diese Aussage ihres Bruders hörte. "Sie haben uns so freundlich aufgenommen, haben uns Essen gegeben und lassen uns sogar in ihr Allerheiligstes. Was erwartest du noch mehr von ihnen?"
"Ich weiß es nicht...aber solange ich nicht merke, wie sich ihre Mienen verändern, werde ich meine Meinung nicht ändern." erwiderte Sheyr leise, und wandte sich dann aber zu Cecilia, die in diesem Moment das erste, winzige Loch in die Eiswand bekommen hatte.

Einerseits war Cynbel erfreut zu sehen, dass Cecilia schon die ersten Fortschritte machte, andererseits schmerzte es ihn auch weiterhin zu sehen, wie das Eis schmolz. Aber es war eben nötig - sonst würde ihr Gildenmeister noch die nächsten Jahre regungslos auf seinem Thron sitzen.
"Gut, gut, gut - macht nur weiter so. Ich kann es kaum erwarten, dass der Drache frei ist. Ich weiß nicht wie wir uns jemals dafür revanchieren sollen", bemerkte Cynbel bereits an Cecilia und bekam schon große Augen angesichts der Tatsache, dass ein Teil des Eises schon durchbrochen war.
Ebenso hellten sich auch schon die ersten Gesichter der anderen Gildenmitglieder auf, als sie hörten, dass sie schon einen Schritt näher an der der Befreiung ihres Königs waren.

"Indem ihr uns im Kampf gegen den König helft." erwiderte Cecilia nur gelassen, während nun die Flammenwand sogar ein wenig wuchs, denn nun, da das erste Loch in die Wand geschmolzen war, fiel es ihr wesentlich leichter, noch weiter zu machen. Und so baute sie die nächste Flammenwand auf, nun etwas unterhalb des ersten Loches, da dort das Eis schon etwas dünner war. Den Kopf des Eisdrachen hätte sie damit gleich frei, es würde also nicht mehr viel fehlen, bis er ganz frei war. Sie konzentrierte sich mittlerwiele nicht mehr auf die Umgebung oder die Gildenmitglieder der Alsius-Gilde, stattdessen achtete sie nur noch darauf, so schnell wie möglich ihre Arbeit beenden zu können, auch wenn die Umgebung ihr nicht gerade half.

Staunend schaute Cynbel weiter dem Schauspiel zu, wobei er bemerkte, dass Cecilia sich nun wohl auf ihre Tätigkeit konzentrierte und alles andere um sie herum nun völlig außer Acht ließ. Das konnte nur bedeuten, dass das Schwerste jeden Moment geschafft war.
Als Cynbel das Werk von Cecilia anschaute, meinte er durch das Loch, das nun größer wurde, bereits ein Zucken des Gefangenen zu bemerken.
Ehe er sich versah, meinte Cynbel sehen zu können, dass sich ein Auge des jungen Mannes, der auf dem Thron saß, geöffnet hatte und ihn finstern anschaute.
Erschrocken fiel Cynbel sofort auf die Knie und klärte die anderen Gildenmitglieder sofort auf. "Der Meister lebt !!! Er lebt!!! Er hat sich bereits bewegt!!!", rief Cynbel voller Begeisterung, bevor er sich wieder auf den Boden warf, so dass sein Kopf den frostigen Boden berührte.

"Ich würde an deiner Stelle nicht so grimmig drein schauen. Ich könnte auch ganz einfach sagen, dass ich versagt habe, und du würest auf ewig weiter hier dein Dasein fristen." zischte Cecilia so leise, dass es nur der Eisdrache hören konnte. Ihr war als erstes der finstere Blick aufgefallen, und der behagte ihr ganz und garnicht, weshalb sie nun auch für kurze Zeit ein wenig langamer wurde in ihrer Tätigkeit. "Hör zu. Du willst das genausowenig wie ich. Gut und schön. Aber damit du hier herauskommst, und die Rache an unserem gemeinsamen Feind, dem König von Calum, nehmen kannst, musst du dich wohl oder übel mit mir gutstellen. Also, lass die grimmige Fassade sein, benimm dich etwas, und du bist schneller draußen als du zum Gott des Regens beten kannst."

Kaum dass Cecilia auch nur den Titel Belazels ausgesprochen hatte, bekam der Eisklotz der den Thron umgab, einen großen Sprung. Der Drache war zweifelsfrei wieder unter den Lebenden und seine Meinung zu Luzius hatte sich ebenso zweifelsfrei nicht geändert über den Lauf der Jahre.
Im selben Moment konnte Cecilia auch die, für die meisten angsteinflößende Stimme des Drachen, in ihrem Kopf hören. "Dann bring es zuende...jemand muss schließlich diesem Abschaum namens Luzius den Hals umdrehen!......Bitte...." meinte der Drache, wobei er lange herumdrukste bevor er das "Bitte" aussprach.

"Ob er wirklich der Gott Luzius ist, von dem alle sprechen? Das kann ich nicht sage. Als ich ihm das Auge ausgestochen habe, wirkte er nicht wie ein Gott auf mich." Cecilia zuckte mit den Schultern. "Naja, wenn du nach hilfst, wird es wesentlich schneller gehen. Ich tue schon mein bestes, aber Feuer in einer Eishöhle zu haben, ist genauso erfolgreich, wie in einem glühend heißen Vulkan kühles Wasser zu finden." Sie war etwas erleichtert, dass sich der Eisdrache wenigstens zu einer Bitte herabgelassen hatte, weshalb sie nun das Feuer weiter schürte, auch wenn es langsam an ihren Kräften zehrte. Es war wirklich nicht gerade einfach, an diesem Ort ein Feuer aufrecht zu erhalten. Kälte machte ihr zwar nichts aus, aber sie behagte ihr trotz allem nicht.

"Umso besser...dann schmeckt er vielleicht wenigstens!", lachte Cenris auf Cecilias Aussage hin. Da durch Cecilias Arbeit das Eis schon um einiges schwächer war, war Cenris immer lebendiger geworden und konnte nun auch sich von selbst befreien. Auf ein lautes Krachen hin, fiel das obere Drittel des Eisblocks zu Boden, sodass Cenris von Kopf bis zur Brust befreit war. Selbst seinen rechten Arm hatte er schon befreien können.

Auch wenn er ein Eisdrache war, so sah Cenris menschlicher Körper mehr tot als lebendig aus. Seine Haut war fast weiß, während seine Haare eine Farbe hatten, als seien sie aus Schnee. Ebenso hatte er eine tiefblaue Lippe, die denen der vor Kälte zitternden Igniern glich. Allmählich kam aber doch wieder etwas Farbe in seine menschliche Gestalt.

Cynbel wollte seinen Augen nicht trauen, als er das Gesicht des Gildenmeisters sah, das er schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Luzius würde sich seiner Meinung nach wohl warm anziehen dürfen.

"Hm...garnicht schlecht für eine Eisleiche." kommentierte Cecilia das Ganze, während sie weiter mit dem Feuer spielte. "Scheint als wären wir uns doch ebenbürtig. Gut, ich habe vieles gehört über euch Nordländer, ich hätte aber nicht gedacht, dass ihr doch so robust seid. Naja, wie auch immer. Ich bezweifle wirklich, dass der König von Calum ein Gott ist. Wir studieren die Götter seit Jahren, und bisher hatten sie alle Heilkräfte....ein Gott ohne Heilkräfte ist kein Gott. Und die Wunde, die ich ihm damals verpasst habe, trägt er noch immer." Wieder zuckte sie mit den Schultern. "Scheint als dürfte er sich wirklich warm anziehen, wenn er bestehen will. Feuer und Eis vertragen sich bekanntlich nicht, aber vielleicht lässt sich ein Kompromiss finden. Immerhin, es werden noch mehr sein, die eine Rebellion starten würden. Sonnenelfen, Mondelfen, einige Dämonen, die Leute aus Al-Aurún...ich denke wir haben keine Probleme."

"Wie interessant...und ich hatte schon das Schlimmste befürchtet...", meinte Cenris, sichtlich genervt über seine Fehleinschätzung. "Wenn so viele auf mich warten, will ich sie mal nicht länger warten lassen!", entgegnete Cenris und befreite sich nun vom restlichen Eis, das durch das Feuer geschwächt, nun mit Leichtigkeit zerbrach.

"Eure Eminenz", riefen die Einwohner des Eispalastes und fielen sofort auf den Boden, als Cenris sich vom Thron erhob und seine Drachenflügel zum Vorschein kamen. Cynbel traute sich gar nicht erst zu Cenris hochzuschauen, sondern starrte stattdessen den frostigen Boden an. "Ihr habt euch ganz schön Zeit gelassen, dafür dass ich euer Gildenmeister bin. Cynbel....hättet ihr das nicht auch ein bisschen schneller hinkriegen können...da drinnen war es schnarchlangweilig..." jammerte Cenris und lief erst einmal ein paar Runden im Kreis, da er sich jahrelang nicht mehr bewegt hatte. Er musste seine Flügel benutzen um zu verhindern, dass er beim Gehen nicht das Gleichgewicht verlor.

"Gute Güte, er ist ja wirklich eine Diva!" murmelte Sheyr auf Dämonisch und verdrehte etwas die Augen, wobei ihn Reya nur wieder etwas böse von der Seite anstarrte. Ihrer Meinung nach war es nun wirklich nicht der beste Zeitpunkt, um abfällige Kommentare über eventuelle Verbündete abzulassen - selbst wenn sie sich schlimmer benahmen als jeder Antiquae. Wie lange hatte er im Eis ausgeharrt? Offensichtlich nicht sehr lang, wenn es genügend zum Meckern gab. Sie hatte Leute gesehen, die wenige Monate in den Kerkern von Calum gewesen waren, und bei ihrer Abführung zur Hinrichtung überglücklich gewesen waren, so sehr hatte die Einsamkeit sie zerstört. Und dieser Mann stand einfach dort und beschwerte sich darüber, dass sein Stellvertreter keinen Feuermagier gefunden hatte ? Sie schüttelte ein wenig den Kopf.

Auch Cecilia rollte etwas mit den Augen. "Ein Danke hätte auch gereicht." zischte sie, so laut, dass es auch Cenris mitbekommen würde, wobei ihr Blick auch etwas zornig zu Cynbel fiel. Sie hatte nicht umsonst all ihre Kräfte aufs Spiel gesetzt.

Eine Weile war es still im Raum, bevor sich Cenris langsam zu Cecilia umdrehte und sie ungläubig anschaute. "Äh..Sekunde....Cynbel?!", fragte Cenris und stupfte Cynbel mit dem Fuß an. "Cynbel...wer ist diese....Person...,dass sie es wagt mich derart von der Seite anzuschnauzen anstatt mir den Respekt zu zollen der einem Drachen wie mir gebührt?", wollte der junge Mann wissen, während Cecilia weiterhin ungläubig anstarrte, als würde er ein lebendes Wesen zum ersten Mal sehen.

"Äh...Eure Hoheit....das ist eure Retterin! Ihr solltet euch bedanken....sie sind immerhin unsere Gäste! Ohne sie würdet ihr immer noch im Eis stecken!", erklärte Cynbel und traute sich nur zaghaft zu Cenris hinauf zu schauen.

"Mein Name ist Cecilia, Tochter des Alishar." erwiderte diese. "Weshalb ich es wage, dich von der Seite anzusprechen? Ich habe dich aus dem Eis gerettet, oder hast du das schon wieder vergessen? Ich bin eine der wenigen Feuermagier der Infernalis-Gilde, du hast also Glück, dass wir überhaupt den Weg in den Norden gewählt haben. Übrigens, Drache hin oder her, das interessiert mich nicht. Du könntest auch ein Gott sein und es wäre mir so gut wie egal. Ich habe dem König von Calum ein Auge ausgestochen, also würde ich auch im Ernstfall mit dir klarkommen."

"Ach echt? Ich habe auch schon für weniger getötet und dabei bin ich noch nicht mal ein ausgewachsener Drache!!!"; fauchte Cenris zurück, der sich zutiefst in seiner Ehre verletzt fühlte. "Und ich dachte schon Haniyah wäre launisch und aufbrausend...aber wer hätte gedacht, dass sie darin von einer Vampirin auch noch übertroffen wird....", zischte Cenris und stand nun dicht vor Cecilia, sodass sie die bittere Kälte spüren konnte, die von ihm ausging. Obwohl es sowieso schon bitterkalt war, fühlte sich allein sein Atem noch kühler an.

Bevor die Situation eskalierte hob Cynbel den Arm, woraufhin Cenris die paar Meter zu Cynbel hin flog. "Ich höre?", meinte der Drache und horchte dem was Cynbel zu sagen hatte. Da Cynbel mit Cenris in der Sprache der Drachen sprach, verstand wahrscheinlich so gut wie niemand das Gespräch, man konnte aber daran wie Cenris das Gesicht verzog sehen, dass es ihm wohl nicht unbedingt gefiel, was ihm Cynbel da riet. Nach langer Verschnaufpause schaute Cenris noch einmal zu Cecilia, bevor er dann zähneknirschend ein "Danke für eure Mühen" herausbrach.

"Und wer hätte gedacht, dass ein Gildenmeister so undankbar sein kann. Ich hätte Euch im Eis lassen sollen!" fauchte Cecilia noch zorniger, wobei sie aber von Reya einen etwas boshaften Blick zugeworfen bekam. Als sich dann aber Cenris bedankte, wenn auch zähneknirschend, nickte sie nur, und trat dann etwas zurück, als Reya auftauchte. Sie war zusammen mit Sheyr nach vorne getreten und verneigte sich kurz vor dem Drachen.

"Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen. Mein Name ist Reya, ich bin Tochter der Gildenmeisterin Amindaiya und ihres Mannes Ashtur - vielleicht könnt Ihr Euch an sie erinnern? Das ist übrigens mein Halbbruder Sheyr." Sie deutete auf den Dämon, der aber wie Cecilia etwas argwöhnisch auf den Drachen reagierte.

Cenris beäugte Reya zunächst ziemlich reserviert - erst recht beäugte er Sheyr, dessen Gesichtsausdruck ihm überhaupt nicht passte. Auf Reyas Vorstellung hin, stellte sich Cenris auch selbst vor: "Meine Name ist Cenris, 1. seines Namens, König von Alsius Clavius und Herrscher über das Eis."

"Zusammen mit meinen 3 Geschwistern habe ich einmal über die Welt geherrscht, aber jetzt reicht es eben nur noch für diesen Eistempel. Ich lebe schon einige Jahrhunderte lang und trotzdem bin ich für einen Drachen noch nicht mal erwachsen. Ob ich da eurem Vater oder eurer Mutter über den Weg gelaufen bin? Mhmm.....", erklärte Cenris und begann angestrengt nachzudenken.
Derweil war Cynbel zu Cecilia geschlichen und hätte ihr am Liebsten aus Dankbarkeit die Schuhe geküsst. "Oh ich danke Euch aus tiefstem Herzen....ich hoffe wir werden uns revanchieren dürfen!", meinte Cynbel fröhlich.
Plötzlich wurde es schlagartig kälter im Raum, als Cenris Reya und Sheyr mit blau leuchtenden Augen ansah. "Natürlich kenne ich Amindaya und Ashtur.....Amindaya die Feuerhexe....", schnaufte Cenris und warf den Geschwistern einen finsteren Blick zu.

Da Cynbel merkte, dass die Stimmung schon wieder zu kippen drohte, meldete er sich lautstark zu Wort. "Eure Hoheit unsere Gäste sind diese Umgebung nicht gewohnt wie ihr es seid...ich schlage also vor, dass sich unsere ehrenwerten Gäste in die obere und wärmere Ebene zurückziehen und sich aufwärmen dürfen, während ihr euren Frust und eure schlechte Laune durch etwas sportliche Betätigung rauslasst!", schlug Cynbel vor mit einem aufgesetzten Lächeln.

"Ihr wagt es meine Mutter eine Feuerhexe zu nennen?! Sie, die höchste Hohepriesterin der Feuergöttin in ganz Santris, und beisitzende des hohen Rates aller Hohepriester der Feuergöttin in ganz Ithuán?!" entfuhr es Sheyr und kurzerhand hatte er seinen Dolch gezückt, den er nun Cenris unter den Hals hielt. "Möge die Feuergöttin euch zu Asche verbrennen und möge der Nadrazim euch die Seele zerreissen!" fluchte er, und hatte schon zu einem der höheren dämonischen Flüche angesetzt, als er von Reya unterbrochen wurde, die ihm auf den Fuß trat. Sie war nicht minder wütend, im Gegenteil, sie hatte schon die Gestalt eines Raben angenommen, doch noch konnte sie sich zurückhalten.

"Ich denke wir werden sofort wieder abreisen. Weitere Dinge können wir noch immer über eine Traumvenetzung oder dergleichen klären." erwiderte sie kurz angebunden. "Solange Euer Gildenmeister nicht zur Kooperation bereit ist, wird sich auch die Infernalisgilde nicht zu irgendetwas bereit erklären."