Das Zeitalter der Schatten

"Das gefällt mir schon sehr! Aber bedenkt, dass wir ein Auge auf die Nordländer unter euch haben werden! Wenn Ihr mir also bitte folgen würdet?", bat Cynbel und kaum, dass er losgelaufen war, waren auch die Füße von Cecilia, Reya, Sheyr und auch den restlichen Leuten ihres Truppes vom Eis befreit, sodass sie sich wieder frei bewegen konnten. Je näher sie dem Tor des Eispalastes kamen, desto eher sah man erst wie riesig er doch war. Das hohe Tor war offensichtlich so groß, damit der Drache auch in seiner vollen Gestalt sein Heim betreten konnte. Auf Cynbels Zeichen öffneten einige der Wachen das schwere Tor, sodass der Trupp nun das Innere des Palastes betreten konnte.
"Ich hoffe ihr Inferna habt genug wärmende Kleidung, denn im Inneren des Palastes dürfte es ziemlich kühl für euch sein, die ihr die Kälte nicht gewohnt seid!", warnte Cynbel die Inferna.

Mit einem kräftigen Flügelschlag erhob sich der Greif in die Lüfte und trug Shruik und Karim zu den restlichen Truppen der Rebellen, die sich in den Ruinen der alten Stadt der Sonnenelfen versteckt hielten. "Ihr hattet erwähnt, dass ihr den Weltensucher retten konntet? Das ist die beste Nachricht in einer Ewigkeit! Marek hatte etwas davon gesagt, dass sie Bloody Rose nicht mehr spüren konnten und ich würde zu gern Kontakt mit einer bestimmten Person aufnehmen!", erklärte Karim. Immerhin würde er als Magier genug darüber wissen, wie der Weltensucher funktionierte - er hatte schließlich mehr als nur ein Seminar darüber besucht.

"Naja, wir haben es bisher auch überstanden, wir werden uns schon lange genug warmhalten können." meinte Cecilia leise auch wenn es sie jetzt schon fröstelte, genauso wie die anderen Ignier. Der in großen Flocken fallende Schnee hinterließ alsbald schon seine Spuren auf den Kleidern der Südländer, welche in diesem Moment aber zumindest den Schutz des Palastes aufsuchten, wo zwar die Kälter noch immer in ihre Glieder fahren würde, wo aber zumindest Schnee und Sturm sie nicht mehr um den Verstand bringen konnten. Erstaunt sahen sie sich um. Wie konnte jemand nur in einem Palast, gänzlich aus Eis geschaffen, leben? Es war fast schon ein unmöglicher Gedanke. Doch andererseits fragten sich die Mitglieder der Alsius-Gilde wohl das Gleiche im Bezug auf die Ignier, die doch in einem erloschenen Vulkan lebten, dessen Hitze aber nie ganz verschwunden war.

Während draußen allmählich ein kleiner Schneesturm entstand, war es im Innern des Palastes doch gleich sehr viel angenehmer, auch wenn es auch hier ziemlich kühl war - das genaue Gegenteil zu Ignis. Die wenigen Gildenmitglieder die im Palast wohnten, füllten ihn nicht einmal zu einem Viertel aus, man konnte also schon erahnen wie zahlreich die Gilde wohl einst gewesen sein musste.

Cynbel führte sie noch etwas weiter in den Palast, bis er plötzlich stehen blieb. "Wollt ihr sofort den Drachen besichtigen und euch um ihn kümmern oder wollt ihr zuvor eine Stärkung? Wir haben zwar nur kalte Speisen, doch wir essen keine Eiswürfel, auch wenn das als Gerücht durch Calum und den Rest von Santris zu gespenstern scheint", fragte Cynbel und schaute abwechselnd zwischen Sheyr, Reya und Cecilia hin und her.

"Ich denke eine Stärkung könnte niemandem von uns schaden. Wir sind weit gereist, und haben in letzter Zeit auch nur wenig zu Essen bekommen. Dass es kalt ist, wird uns nicht weiter stören, denke ich. Wir werden ansonsten vielleicht eine Möglichkeit finden, es zu erwärmen." erklärte Reya mit einem sanften Lächeln. "Ich will euren Gott nicht verärgern, wenn wir warten, aber je besser wir gestärkt sind, desto besser und schneller wird es auch ihm ergehen." erklärte sie dann im Nachhinein und blickte zu Cecilia, die aber ebenfalls nickte, da Reya in dieser Hinsicht wohl Recht hatte. "Es wäre uns also eine Freude, wenn wir noch von den Köstlichkeiten aus Alsius Clavis kosten könnten. Dass es keine Eiswürfel sind, war uns doch auf irgendeine Weise bewusst, auch wenn sich die Legende bei uns im Süden hartnäckig gehalten hat. Zumindest ist es das, was die Karawanenführer aus dem Norden erzählen..."

"Oh...ja diese Karawanenführer....obwohl der Drache ja gefangen ist, wagen sie sich trotzdem keinen Schritt in unsere Richtung...aber Geschichten im Süden erzählen. Naja was solls - hier entlang bitte!", entgegnete Cynbel und führte die Südländer in den Speisesaal des Palastes, in dem in schneller Eile ein kleines Gastmahl zusammengestellt wurde.

Auf dem Steintisch fanden sich vor allem Gemüse und verschiedene Früchte, die die kalte Umgebung ohne Schäden überstehen konnten. Zwischen den Schüsseln mit Gemüse fanden sich dann auch noch ein paar Teller mit Fisch, der wohl aus dem Meer stammte, dass nicht weit entfernt von Alsius lag.
"Ich hoffe ihr habt kein Problem mit rohem Fisch. Wir hätten sonst auch noch gepökelten Fisch oder Pökelfleisch, falls ihr etwas anderes essen wollt", erklärte Cynbel, der selbst nichts anderes gewohnt war. Das Essen in Alsius war seiner Meinung nach auf jeden Fall besser als das was es damals in Septevicus gegeben hatte.

"Naja, die alte Handelsstraße in den Norden wird seit dem Krieg auch nicht mehr benutzt. Die meisten nutzen entweder die Schiffswege oder versuchen über den weiten Weg durch den Norden ihre Waren zu transportieren. Allgemein scheint es, als ob man Santris in letzter Zeit stark meiden würde. Höchstens in Calum floriert der Handel noch, wo die Schiffe aus dem Osten und dem Norden anlegen." erzählte Reya, während sie sich an den Tisch setzten und das Gemüse betrachteten und den rohen Fisch. "Der Fisch macht uns nichts aus. Da Ignis sowieos nur über den Wasserweg zu erreichen ist, haben wir uns mittlerweile auch schon an Fisch gewöhnt und haben auch kein Problem mehr damit. Meistens braten wir ihn, aber ich denke er wird trotz allem auch roh gesund sein?" fragte sie dann an Cynbel gewandt, wobei sie neugierig den rohen Fisch betrachtete. Sie hatte noch nie rohen Fisch probiert, überhaupt aß sie nur wenig Fisch und Fleisch, was nicht gebraten oder gekocht war.

"Natürlich...durch die Kälte ist er bestens gelagert und fast noch so gut wie frisch gefangen! Auch wenn ich gestehen muss, dass uns leider die Gewürze fehlen, um ihn noch schmackhafter zu machen, als er ohnehin schon ist!", erklärte Cynbel und fragte die Ignier und ihre Begleiter was sie gerne trinken wollen.

Karim folgte Shruik, der, kaum dass die Greifen gelandet waren, sofort zum Hauptzelt der Zeltstadt eilte, die sie in den Ruinen der Sonnenelfenstadt aufgeschlagen hatten. Die restlichen Gildenmitglieder, die mit Karim entkommen waren, staunten nicht schlecht über die 20 Greifen, die die Rebellen hier versammelt hatten. Ein Glück dass sie niemand vergessen hatte - wer wüsste was Luzius sonst mit ihnen angestellt hätte?

"Da ist er!", erklärte Shruik und bat die Wachen den Weg zum Weltensucher frei zu machen. Diese ließen ihn und Karim passieren - wahrscheinlich jedoch auch nur, weil Shruik einer der Antiquae war. Obwohl er nicht einmal ein reinblütiger Antiquae war - immerhin trug er zu einem kleinen Teil auch menschliches Blut in sich. Mit einem Ruck zog Shruik das Tuch, das den Weltensucher verbergte herunter, sodass nichts mehr von der Kugel verborgen bleib. Allerdings leuchtete der Weltensucher in grellem Rot, weshalb Karim sofort erstarrte. "Rot...kein gutes Zeichen...das bedeutet, dass unser Feind wieder Blut fließen lässt!", seufzte Karim und legte zaghaft seine Hände auf die magische Kugel.

"Sicherlich werdet ihr auch irgendwann noch in den Geschmack von Gewürzen kommen. Wenn der Krieg vorbei ist, wird bestimmt die alte Handelsstraße wieder benutzt werden - immerhin ist es nicht so, als ob der Weg über eure Stadt nicht begehrenswert wäre. Er erspart meistens einiges an Zeit, wenn man nach Ithuán oder nach Sura will, wie der neu gegründete Staat auf unserem Nachbarkontinent heißt. Und auch sonst...ich habe gehört, es gab einmal einen alten Hafen in der Nähe eurer Stadt, der an das Asragura-Meer angrenzt?" fragte Reya, die doch belesen war, gerade was die Geschichte der Welt anging, weshalb sie nun auch doch ziemlich interessiert klang im Bezug auf die Begebenheiten in Alsius Clavis und Spetevicus. Sie hatte tausende Geschichten gehört von ihrem Vater, doch nie war sie in den Genuss gekommen, die sagenumwobenen Orte jemals selbst zu besuchen. Jetzt jedoch, da sie dort am Tisch saß mit dem, was von der einstigen Gilde des Eisdrachens noch übrig war, war sie mehr als nur erstaunt.

"Hafen? Oh...ja jetzt wo ihr es sagt...wir hatten einst einen Hafen....bevor er von der Regierung übernommen und dann durch unseren Meister mitsamt Septevicus zerstört wurde. Man sagt zwar, dass die Fischer selbst jetzt noch fischen, obwohl sie von ewigem Eis umgeben sind, aber wenn ihr mich fragt, sind das nur wirre Geschichten alter Dorffrauen. Der Hafen ist jedenfalls ohne Zweifel von Eis überlagert und müsste erst aus dem Eis befreit werden, falls er jemals wieder in Gebrauch kommen sollte", erklärte Cynbel.

Karim zog erschrocken seine Hände vom Weltensucher weg, kaum, dass er die Kugel berührt und gesehen hatte, was Rose gerade in den Kerkern von Calum erleiden musste. Durch die Fähigkeiten der Antiquae konnte sich Shruik schon denken, was es wohl gewesen sein musste, weshalb er gar nicht erst nachfragte, was Karim gesehen hatte.
"Ich werde nun wohl besser damit beginnen, was ich eigentlich vorhatte!", erklärte Karim und legte seine Hände noch einmal auf den Weltensucher. Er konzentrierte seine Gedanken völlig auf Sheyr, bis er ihn in der Kugel erblickte. Ebenso konnte Karim den Rest der Gruppe sowie die Gildenmitglieder von Alsius sehen.

"Ich denke, wenn der Krieg vorbei ist, könnte man den Hafen mitsamt der Stadt wieder auferstehen lassen? Er wäre sicherlich ein guter Handelsposten, da Septevicus noch am Fuße der Berge liegt, und dort wohl viele Händler rasten würden?" fragte Cecilia zurück, während sie versuchte, sich die alten Wege ins Gedächtnis zu rufen. Auch sie hatte oft versucht, etwtas über die Geographie zu lernen. Doch oft war sie nicht dazu gekommen, meist hatten sie doch andere Dinge beschäftigt.
Reya nickte aber leicht. "Die Stadt ist in der Tat ein guter Platz. Ich denke viele werden sich auch dorthin aussiedeln, vielleicht werden auch ein paar Nordländer sich dort wieder ansiedeln, nachdem sie von den Soldaten des Tyrannen so hoch in die Berge vertrieben wurden. Es wäre schön, wenn wieder alles in Ordnung wäre...aber ich habe das Gefühl, als würde es noch eine Weile dauern...Aber ich hoffe doch sehr, dass euer Gildenmeister und auch ihr uns helfen würdet...wir sind vielleicht nicht viele, aber wir haben vor, uns auch außerhalb von Santris Hilfe zu suchen..."

"Was wir tun liegt ganz in der Hand unseres Meisters...wir werden das tun, was auch er tun wird und wenn er vorhat hier zu bleiben, werden wir auch hier bleiben!", erklärte Cynbel und machte dadurch deutlich, dass keiner von ihnen wohl vorhatte den Drachen zu hintergehen, sollte dieser sich gegen ein Bündnis mit den Igniern entscheiden.

Interessiert beobachtete Karim die Tischgemeinschaft durch den Weltensucher, bis er schließlich sich völlig auf Sheyr konzentrierte und ihn ansprach, schließlich war dieser der Einzige der Truppe, den Karim persönlich traute.
"Sheyr wo seid ihr ? Wo warst du überhaupt? Ich habe schlechte Neuigkeiten zu überbringen und ich fürchte, wir benötigen jede Hilfe die wir im Moment haben können. Das Bestehen unserer Rebellion steht auf dem Spiel!", kam Karim schnell auf den Punkt und wartete Sheyrs Antwort ab.
"Und das funktioniert tatsächlich?", fragte Shruik fasziniert, da er selbst noch nie den Weltensucher benutzt hatte, geschweige denn wusste, wie er funktionierte. Schließlich hatte immer nur Bloody Rose die Kugel benutzt.

"Dann hoffen wir, dass euer Meister uns gnädig sein wird. Doch ich zweifle stark, dass er nach all den Jahren der Gefangenschaft auf die Rache verzichten würde. Immerhin, es waren die Soldaten des Königs die ihm das angetan haben, weshalb sollte er mit ihnen Frieden schließen, oder zumindest Neutralität bewahren? Ich kenne den Eisdrachen zwar nicht, aber ich habe gehört, dass auch Drachen ein ausgesprochen großes Temperament besitzen können, was dafür sorgen würde, dass auch der Herr eurer Gilde uns helfen könnte." erwiderte Reya, blickte dann aber etwas neugierig zu ihrem Bruder, der in diesem Moment ins Leere zu blicken schien.

//Entschuldigt, dass wir euch so lange nicht geantwortet haben. Der Rest der Ignier ist nach Norden gezogen, im Moment befinden wir uns in Alsius Clavis. Wir versuchen dort, den Eisdrachen aus seiner Gefangenschaft zu befreien und dadurch die Hilfe der Gilde zu bekommen.// erklärte Sheyr. //Ich denke es wird genau das sein, was wir im Moment brauchen. Aber sag, welche schlechten Nachrichten gibt es ?//

"Genau wegen diesem Temperament würde ich euch raten vorsichtig zu sein, wenn ihr unsern Herrn ersteinmal befreit habt. In seiner Rage wird er sicherlich zunächst Freund nicht von Feind unterscheiden können....ihr solltet eure Worte also mit Bedacht wählen - und ebenso die Lautstärke und euren Tonfall. Er möchte immer mit "Eure Majestät" angesprochen werden, selbst von Fremden. Das ist eben der Eitelkeit der Drachen geschuldet, wobei ich sagen muss, dass der Eisdrache wohl zu der eitleren Sorte gehört", warnte Cynbel Reya und ihre Begleiter schon einmal im Vorraus.

"Wie bitte? Oh...das ist ja großartig...aber seid ja vorsichtig!! Ich habe mehr als nur gute Sachen von diesem Ungeheuer gehört! Aber jetzt zu dem Grund meiner Aufregung: Bloody Rose ist gefangen genommen und wird in Calum vom Bösen persönlich gefoltert, Marek und sicher fast ein Viertel unserer Armee sind ebenfalls gefangen genommen worden und werden in diesem Moment ins Heerlager der königlichen Armee vor Kavendar gebracht, bevor sie hingerichtet werden und Marek und die restlichen Antiquae auch nach Calum zu Luzius gebracht werden! Ich und die Truppen von Shruik haben uns in die Stadt der Sonnenelfen retten können. Wir haben aber auch keine Neuigkeiten von Tarik erhalten! Unsere Lage ist katastrophal!! Ich bete zu allen Göttern, dass ihr mit eurer Mission Erfolg habt! Uns rennt die Zeit davon! Wir müssen unsere Verbündeten schleunigst aus der Gefangenschaft befreien, bevor es zu spät ist!"; erklärte Karim voller Sorge. "Wo sind sie? Wohin ist die Vorhut geflohen?", fragte Shruik, der von dem Gespräch nichts mitbekam, außer Karims Erklärungen und Worte.

"Wir werden versuchen, die Sache ruhig anzugehen. Es ist nicht unser Wunsch, euren Gildenmeister zu verärgern, wenngleich es doch ehrlichgesagt etwas überheblich ist. Aber gut, einen Drachen sollte man nicht überschätzen, also werden wir versuchen ihn als "Eure Majestät" anzusprechen. "Reya rollte mit den Augen über diese Arroganz, die von dem Eisdrachen ausging. Dann aber wandte sie sich wieder an ihren Bruder, der gerade mit erschrockenem Blick ins Leere starrte.
"Reya....sie haben Bloody Rose, genauso wie Marek und ein Rest der Armee..." murmelte er, während der geistige Kontakt mit Karim aber noch längst nicht abgerissen war. "Karim, aus der Gilde der Lysandrier, hat es mir erzählt...Tarik und die anderen sind auch verschwunden, und bisher habe ich kein Wort von ihnen vefrnommen.." Das Gleiche gab er auch an Karim weiter. "Ich habe sie seit den Höhlen nicht mehr gesehen, ich kann absolut nichts über ihren Aufenthaltsort sagen. Aber sag mir, Karim, wie willst du das bewerkstelligen, mit einem Haufen verletzter und geschwächter Leute? Du kannst nicht einfach mirnichts, dirnichts, nach Calum einmarschieren, das sollte dir bewusst sein."

"Das ist mir leider nur zu sehr bewusst, dass wir nicht in Calum einmarschieren und auch keine offene Feldschlacht riskieren können. Deshalb waren ich und Shruik auch einer Meinung, dass die einzige Chance unsere Brüder zu befreien ein Angriff ist, solange der Gefangenentransport noch auf dem Marsch ist und Calum nicht erreicht hat.
Alles andere wäre geradezu Selbstmord - aber in einem Hinterhalt könnten wir überraschen, noch ehe sie ihre Kampfformationen einnehmen können und ihre Kavallerie wäre dann auch bei weitem weniger wirkungsvoll.
Das heißt aber nicht, dass ich vorschlage das Feldlager direkt anzugreifen! Du stimmst mir doch sicher zu, dass wir einen Guerillakrieg führen müssen. Aber Sheyr was sagst du da...du hast auch nichts von Tarik gehört? Denkst du sie wurden von der Calumschen Armee überwältigt?", fragte Shruik erschüttert. Die Liste ihrer Verbündeten war ohnehin äußerst kurz, da war jeder Verlust umso schmerzlicher - erst recht wenn es die kampfstarken Ignier waren, die verloren gegangen waren.

"Ich danke euch vielmals dafür...ihre Majestät ist es eben nicht gewohnt, dass man Dinge von ihm verlangt...sonst ist es immer er der verlangt und nicht der, der gibt!", versuchte Cynbel zu erklären und die bunt gemischte Truppe der Rebellen noch mehr über den Drachen zu informieren, damit sie etwas vorgewarnt waren.

"Einen Guerillakrieg? Mit welchen Leuten? Wer sagt denn überhaupt, dass es sich lohnt?" fragte Sheyr zurück, bekam aber sofort einen zornigen Blick von Reya zugeworfen, die selbst schon bemerkte, worum es ging, aber nicht so ganz einverstanden war mit den Argumenten ihres Halbbruders. Deshalb schüttelte sie nur den kopf.
"Richte Shruik aus, dass es ein wenig ungünstig für uns ist. Wir würden gern helfen, doch erst, wenn wir unsere Aufgabe hier erfüllt haben. Mit einer handvoll Gildenmitglieder, die schon halb verhungert sind, und geschwächt von den Kämpfen in Kavendar können wir wenig anfangen. Wir müssen abwarten, den richtigen Zeitpunkt finden. Dass es eilt, ist auch mir bekannt, aber solange ich die Gildenmeisterin der Infernagilde bin, wird kein Ignier angreifen. Von Tarik weiß ich leider auch nichts, was mich sowieso noch mehr besorgt. Ohne meine besten Leute werde ich keinen Kampf führen. Ich will erst wissen, wo sie sind."

"Na gut....das versteh ich natürlich....was sollen wir dann jetzt tun? Sollen wir uns hier in der Elfenstadt verschanzen? Es scheint zumindest bisher so, als hätte uns noch niemand entdeckt!"; erklärte Karim durch den Weltensucher, während er auch alles an Shruik weitergab. Diesem gefiel der Gedanke nicht, die Armee aus Calum einfach so mit den gefangenen Rebellen davon ziehen zu lassen, aber wahrscheinlich hatte Sheyr wohl recht, dass sie keine Siegeschancen hätten, wenn sie den Versuch starten würden, die Armee auf dem Marsch anzugreifen, um die Gefangenen zu befreien. Selbst wenn Luzius persönlich nicht anwesend war, war die Armee von Calum eben immer noch sehr schlagkräftig.

"Falls ihr noch weitere Fragen habt, stellt sie nur frei heraus! Ich werde euch helfen so gut ich kann", meinte Cynbel, während sie aßen, auch wenn er etwas verwundert war, wie Reya und Sheyr miteinander sprachen. "Sagt einfach Bescheid, sobald ihr bereit seid dem Drachen gegenüberzutreten. Ich führe euch dann zu ihm!"

"Im Moment nicht. Ich denke wir werden noch das Essen zuende führen, bevor wir eurem Gott entgegentreten." erklärte Reya, noch bevor ihr Bruder etwas erwidern konnte, weshalb nun Sheyr derjenige war, der ihr einen eher zornigen Blick zuwarf. Offensichtlich gab es noch keine Einigung, wer denn nun von ihnen wirklich den Rang des Gildenmeisters von Ignis innehatte. Sicherlich, Reya war die Ältere, aber Sheyr war ebenso ein Kind der Gildenmeisterin, weshalb es offensichtlich noch keine Einigung gegeben hatte, zumal die Geschwister ihre Politik in unterschiedliche Richtungen führten. Deswegen wandte sich Sheyr dann nur augenrollend um und unterhielt sich weiter mit Karim.

"Es wäre wohl das Beste. Verarztet Verletzte, falls ihr welche habt und behandelt die Kranken. Ihr müsst euch stärken. Wenn wir wirklich einen Krieg führen wollen - und ich habe leider das Gefühl, dass nichts daran vorbei führen wird - müssen wir gewappnet und gestärkt sein. Ansonsten werden uns die Horden des Königs wohl zertrampeln wie Käfer im Staub der Wüste.

"Wie ihr wollt!", entgegnete Cynbel und aß genussvoll einige gefrorene Trauben, die wohl von einem Obsthändler stammten, der sich hierher verirrt hatte. "Sagt nur wenn ihr noch etwas braucht - es soll euch an nichts fehlen!", meinte Cynbel, der nun schon etwas mehr Vertrauen zu den Igniern und dem Rest der Truppe fasste. Offensichtlich waren sie ja gar nicht solche kulturlose Barbaren, wie man sich in Alsius Clavius immerzu erzählt hatte. Man sollte eben doch nicht irgendwelchen Gerüchten glauben.

"Ich melde mich wieder, wenn es Neuigkeiten von Tarik gibt!", meinte Karim und zog dann seine Hand vom Weltensucher weg. Kaum, dass er seine Hand weggezogen hatte, verschwand auch das Bild in der Kugel und ebenso die Stimme in Sheyrs Kopf. "Also? Überfallen wir den Gefangenentransport oder nicht?", fragte Shruik unsicher. Karim schien sich aber erst sortieren zu müssen. "Die Gildenführerin und der Gildenführer der Ignier haben dafür gestimmt, dass wir unsere Kräfte sammeln und unsere Verwundeten verarzten, bevor wir irgendwelche militärischen Handlungen unternehmen. Zudem fehlt von einigen unserer Rebellionsgeschwistern jede Spur! Und die Ignier sind nicht bereit weitere Kämpfe in Kauf zu nehmen, solange diese Vermissten nicht wieder aufgetaucht sind"; erklärte Karim. Das brachte Shruik aber fast zum Überschäumen.
"Was denken sich diese Ignier eigentlich? Sind sie jetzt die neuen Anführer dieser Rebellion? So weit ich mich erinnern kann, gab es auch noch andere Gilden, die genauso stimmberechtigt sind und letzten Endes dachte ich, wir Antiquae seine die Anführer. Und da Bloody Rose und Marek nun in Gefangenschaft sind, wäre es nun an mir diesen Haufen zu führen. Und ich sage wir retten unsere Gefangenen solange sie noch nicht in Calum sind!", zischte Shruik und stapfte zornig aus dem Zelt.

Besorgt eilte Karim ihm hinterher - sollte Shruik nun Soldaten motivieren wollen ihm zu folgen, so wollte Karim dagegen ankämpfen, um zu verhindern, dass ihre restlichen Kräfte nun endgültig vernichtet wurden. Reya und Sheyr traute Karim mittlerweile mehr zu, als den Antiquae. Schließlich hatten die Antiquae in den letzten Tagen nicht gerade Führungsqualitäten bewiesen. Karim hoffte, dass es die anderen auch so sahen und Shruik nicht in einen sinnlosen Tod folgen würden.

In diesem Moment wünschte sich Reya sehnlichst ein heißes Feuer - als sie die gefrorenen Trauben sah, zog es ihr ein wenig den Magen zusammen. Dennoch wollte sie als Gildenmeisterin nicht unhöflich sein, weshalb sie sich ebenfalls bediente, nachdem es ihr von einem Mitglied der Gilde des Eisdrachen angeboten worden war, und versuchte zumindest so zu tun, als ob ihr die Kälte nichts ausmachen würde. Sie wusste zwar noch immer nicht, ob sie nun wirklich die Gildenmeisterin war, dennoch fühlte sie sich zumindest so. Ginge es nach ihr, würde sie den Posten gern mit ihrem Bruder teilen, doch nachdem sie gemerkt hatte, dass die beiden ihre Politik in völlig unterschiedliche Richtungen führte, war es doch etwas schwieriger als sie dachte, weshalb sie wohl später eine Einigung finden müssten.

Sheyr dagegen hatte, nachdem die Verbindung mit Kazim abgebrochen war, sich nur wieder den anderen zugewandt, auch wenn er geistig noch immer etwas abwesend schien. Noch immer war er sich nicht ganz sicher, ob Shruik sich an seine Pläne halten würde. Er kannte die Antiquae nur zu gut, als dass er wirklich glaubte, dass sie ihn nicht hintergehen würden. Noch immer hielten sie sich für die Herrschergilde, und sie würden alles daran setzen, ihren Stolz zu bewahren, selbst wenn ihre Anführerin schon längst in die Fänge des Königs geraten war.

Es war wie Karim es befürchtet hatte. Kaum dass auch er aus dem Zelt kam, hatte Shruik schon sein Schwert gezogen und hielt es hoch in die Luft. "Jeder der noch etwas Anstand und Respekt vor den Antiquae hat, soll seine Waffen nehmen und mir folgen! Ich werde nicht zulassen, dass mein Bruder und meine Schwester in Calum von diesem Monster zu Tode gefoltert werden. Folgt mir und wir werden meinen Bruder und einige unserer Kameraden retten, noch bevor sie Calum erreichen! Jeder der zurückbleiben ist ein Verräter an unserer Sache und wird seine gerechte Strafe bekommen, sobald Bloody Rose befreit ist!", rief Shruik und sah Karim erwartungsvoll an.
"Ihr werdet doch wohl auch folgen nicht wahr Magier? Wir brauchen schließlich die Greifen!", forderte Shruik mit einem verschmitzten Grinsen.
Erschüttert schaute Karim Shruik an, bevor er nach langer Überlegung dann aber zustimmte. Zufrieden schenkte Shruik seine Aufmerksamkeit wieder den restlichen Rebellen, die jedoch nicht gerade motiviert aussahen.
Gerade wollte er noch einmal eine Warnung aussprechen, was mit denjenigen passieren würde, die nicht mitgehen würden, als plötzlich ein dumpfer Schlag zu hören war und er bewusstlos zu Boden fiel. Erschrocken sahen alle Karim an, der Shruik, mit seinem Amtsstab, schwungvoll einen Schlag auf den Kopf verpasst hatte. "Niemand fasst die Greifen auch nur an, solange nicht alle Gildenanführer zugestimmt haben!!!", verkündete Karim und bat sofort ein paar von den Soldaten ihm dabei zu helfen, Shruik zu fesseln, sodass er nicht auf weitere dumme Ideen kam.

Es dauerte nicht lange, bis die restlichen Ignier merkten, wie die Kälte langsam in ihre Glieder kroch, weshalb sie alle schon jetzt Reya mehr oder weniger bittende Blicke zuwarfen - so lange, bis diese Aufstand und sich an Cynbel wandte. "Wäre es möglich, dass wir Euren Gott nun sehen könnten? Ich will wahrlich nicht ungeduldig sein, doch niemand von uns erträgt die Kälte hier so gut - wir wohnen immerhin in einem Vulkan - und noch dazu fehlen uns leider die nötigen Kleider, um uns warmzuhalten, ebenso wie das schützende Feuer der ehrenswerten Feuergöttin. Es wäre für uns also eine große Ehre, nun das Allerheiligste dieses Ortes betreten zu können, wenn es Euch nichts ausmacht."

Über Reyas Freundlichkeit konnte Sheyr nur die Augen rollen. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er sofort gesagt, dass es ihm langsam aber sicher zu kalt wurde, und er den Eisdrachen gern gesehen hätte, bevor er den Kältetod gestorben wäre. Aber gut, in diesem Fall ließ er es wohl besser sein, zu viel Unhöflichkeit würde nur Schaden bringen, das wusste sogar er.

Kaum dass Reya ausgesprochen hatte, sprang Cynbel auf und aß noch schnell die letzten vereisten Trauben. "Ich habe nur darauf gewartet. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet - es ist mir eine Ehre euch zum Drachen zu bringen!", bat Cynbel und schritt voran.
Schnell durchquerte er mit der Truppe die Haupthalle, in der die meisten der Gildenmitglieder sich derzeit aufhielten, bevor sie einige Treppenstufen hinabzusteigen hatten. Wie schon der Palast war auch hier alles aus Eis, wobei es zunehmend noch kälter wurde, je näher sie sich dem Drachen näherten.
"Ich bitte die Kälte vielmals zu entschuldigen.....", versuchte Cynbel die Unannehmlichkeiten für die Ignier und die Rebellen zu entschuldigen, aber daran konnte er nichts ändern.

Mittlerweile fröstelten die Ignier schon richtig, sodass sie sich enger zusammenkuschelten und gegenseitig die Arme um sich legten, damit es nicht noch kälter wurde. Einige der Mitglieder der Infernalisgilde hatten sogar die Satteldecken von den Pferden genommen und sie um sich gelegt, damit es nicht so kalt war, bevor sie dann aber Cynbel gefolgt waren, nun hinab ins Allerheiligste der Gilde des Eisdrachens, wo der Drache selbst auf sie warten würde. Sie hatten viele Legenden und Gerüchte gehört - würden diese sich bewahrheiten?

Die Truppe musste noch einige Stufen weiter hinabsteigen, bis sie in eine weitere Halle kamen, die aber noch größer war, als die Halle, in der sie begrüßt worden waren. Sie mussten einige Höhenmeter hinabgestiegen sein, denn die Decke der Halle war kaum zu sehen, so riesig wie sie war.
"Es mag zwar ziemlich offensichtlich sein, aber die Halle ist so groß, damit der Herr auch in seinem Zuhause herumfliegen kann. Es wäre viel zu gefährlich draußen in der Wildnis herumzufliegen", erklärte Cynbel, als sei er der Führer einer Touristengruppe.
Am anderen Ende der Halle konnte man bereits schwach den Thron erkennen, der jedoch in einem gigantischen Eisklotz steckte.
"Da vorne ist unser Ziel...es dürfte allerdings noch ein wenig dauern bis wir ankommen, da die Halle ziemlich groß ist", bat Cynbel um Entschuldigung. Da hier auch schon niemand mehr gewohnt hatte, war viel von der einstigen Pracht verloren gegangen.